Problemanalyse im Falle des „Kampfgegners“:

Wir alle kennen die klassische Situation beim Liverollenspiel, wenn wir auf dem Waldweg plötzlich die gefährliche Räuberschar treffen oder bei der Befreiung der Prinzessin den Schergen des Bösewichts gegenüberstehen. In der Regel wird in solchen Situationen minimal interagiert und dann leider oft der Feind schnell und effizient niedergemacht.

Dabei treten folgende Verhaltensfehler aufseiten der Akteure des Spiels auf:

  • Zu wenig Interaktion: Auch der Mitspieler hinter dem Schergen möchte gerne sprechen, interagieren, seine kurze Rolle ausfüllen und Spielspaß haben.
  • Unsaubere Kämpfe: Treffer werden nicht sauber ausgespielt, kämpferisch unterlegene Gegner einfach niedergemacht, nicht abgesprochene Infights einfach initiiert. Dabei ist zu bedenken, dass Einsteiger im LARP oftmals als NSC beginnen, wodurch man relativ häufig unerfahrenen Mitspielern gegenübersteht.
  • Folgenloser Tod: Der Springer-Char wird umgebracht, dann ist das Spiel vorbei. Weder wird die Leiche bespielt, bestattet, der Tod eines Menschen betrauert, für ihn gebetet noch sonst etwas getan.
  • Ewiges Spiel ohne die Leichen: Die Gewinner der Schlacht lassen die Leichen einfach liegen, verbinden seelenruhig ihre Wunden, machen Brotzeit und hängen gemütlich rum, während die Springer auf dem nassen Boden neben dem Ameisenhaufen liegen müssen, ohne sich bewegen zu können.
  • Mangelnde Wertschätzung der Springer-Leistung: Es wird häufig vergessen, dass die Springer sehr viel Mühe aufwenden, um diese Kampfsituation vorzubereiten. Für sie ist es dann sehr frustrierend, einfach mal schnell nebenbei erschlagen zu werden, wenn sie vorher zwei Stunden gewartet haben und noch eine Stunde abbauen bzw. zurücklaufen müssen.

 

Lösungsvorschläge bei Kämpfen gegen „Kampfgegner“:

Zum Glück läuft das nicht immer so, denn inzwischen gibt es viele Methoden, Anregungen und Erfahrungen wie in klassischen Springer-Kampfszenen eine höhere Wertschätzung der Mitspieler möglich ist. Ein paar Anregungen haben wir hier gesammelt:

  • Spielt miteinander: Interagiert mit den Figuren auf der anderen Seite, egal ob es sich dabei um den gefährlichen Magier handelt, den man eigentlich sofort abschießen müsste, oder den Axtschergen 47 in der 2. Reihe. Sucht euch einen Gegner aus, beschimpft ihn, fragt ihn, warum er so handelt, versucht ihn zur Aufgabe zu überreden, droht ihm und tut all dies auch noch, wenn ihr den Kampf bereits begonnen habt. Der Springer wird euch dies mit schönem Rollenspiel und der Darstellung eures Charakters als Held dieses Kampfes danken.
  • Kämpft schön: Die wenigsten Springer wollen die Spieler-Charaktere besiegen und schlecht aussehen lassen, sondern haben eher das Ziel, eine spannende und bedrohliche Szene zu generieren. Wenn der Kampfgegner dann seine Waffe schön schwingt, sehr gut darauf aufpasst, nicht zu fest zuzuschlagen, und die Treffer des Springers gut ausspielt, dann wird dieser das positiv danken, auch wenn er womöglich durch schlechtes Verhalten anderer Spieler ein wenig frustriert in den Kampf gestartet ist. Schön ist auch, wenn ihr offensichtlich OT unterlegenen Mitspielern eine Chance gebt und ihnen auch mal einen schönen Moment gewährt. Sich auch mal als Held ein wenig zurückzuhalten führt gewöhnlich dazu, dass alle Beteiligten mehr Spaß haben. Genauso ist es auch wichtig, dass Infight-Situationen nur dann zustande kommen, wenn auch alle Beteiligten dies wollen und die Sache deutlich abgestimmt ist.
  • Der Tod als Thema: Auch der Tod eines Springer-Kampfgegners sollte nicht nebensächlich oder belanglos sein. Macht euch Gedanken darüber, ob euer Charakter überhaupt fähig ist, andere Menschen zu töten. Was hat das für Konsequenzen für ihn, wie fühlt er sich dabei? Macht er womöglich nur Gefangene oder kämpft er nur bis zur Kampfunfähigkeit des Gegners? Das ist spieltechnisch überhaupt nicht schlimm, denn der Springer kann dann immer noch selbst entscheiden, dass er seine Verletzungen nicht überlebt und einer möglichen Befragungsszene dann durch „Verbluten“ entkommt. Wie geht man dann mit einer Leiche um?


Ideen zum Spiel mit Kampfgegner-Leichen:

  • Leiche zur Seite und bequem hinlegen, die Waffe an die Seite, die Hände auf den Bauch, die Augen schließen. Erklärbar durch göttergefälligen Respekt den Toten gegenüber.
  • Mit der Leiche sprechen: Erklären, dass der Tod bedauerlich ist, wie man sich dabei fühlt, Selbstvorwürfe, Entschuldigungen, usw.
  • Für die Leiche beten: Die Zwölfgötter bzw. Boron bitten, die Seele des Gestorbenen trotz etwaiger Verfehlungen aufzunehmen.
  • Die Leiche durchsuchen: Vernehmbare IT-Ankündigung einer Durchsuchung, dann Herumfingern an offensichtlichen Gürteltaschen, wenn keine OT-Reaktion des Mitspielers erfolgt (z. B. kurze Info: „Ich hab nix“ bzw. „Ich möchte nicht durchsucht werden“), dann Durchsuchen von Taschen, Gürteln usw., aber KEINE Leibesvisitation à findbare Gegenstände sollten immer in offensichtlichen Taschen versteckt sein. Hinweis IT-Geld: Bei einem normalen Kampfgegner mit einer dicken Börse nicht das ganze Geld einstecken, möglicherweise hat der Mitspieler einfach aus Versehen seinen Geldbeutel dabeigehabt.
  • Den Kampfgegner gegenüber anderen Mitspielern wertschätzen: Laut zu sich selbst oder zu anderen Gefährten sagen, wie krass ein Kampfgegner war und kleine Facetten aus dem Kampfspiel etwas übertrieben erwähnen. Das funktioniert übrigens besonders gut nach der Rückkehr, wenn man den gleichen Spielern in ihrer Lagerrolle wieder begegnet. Sie freuen sich, wenn sie sich in den Erzählungen wiedererkennen.
  • Waffen und Ausrüstung zusammentragen: Wenn ihr beim Suchen eures eigenen Krams zufällig Sachen der Kampfgegner findet, dann lasst sie nicht liegen, sondern legt sie neben die Leichen. Mitnehmen von Waffen und Ausrüstung anderer Mitspieler ist übrigens tabu!
  • Schnelles Aufbrechen: Wenn der Kampf vorbei ist und die Leichen angemessen bespielt wurden, gibt es nur noch eines, nämlich weiterzuziehen, zumindest außer Sichtweite. Denn die Springer bleiben liegen, bis die Mitspieler nicht mehr mitbekommen können, wie sie aufstehen und ihren Kram einsammeln. Findet also einen IT-Grund, warum ihr aufbrechen oder zumindest um die nächste Kurve humpeln müsst. Dabei ist es für die Springer besonders schön, wenn ihr noch mal laut über eure Wunden jammert und qualvoll loszieht.
  • Spannende Spielinhalte: Die Kampfgegner finden es toll, wenn sie im vertretbaren zeitlichen Rahmen direkt oder indirekt von den „Helden des Kampfes“ bespielt werden. Genauso haben sie auch durchaus Interesse, wenn noch eine für alle spannende Szene wie z. B. die kurze Verurteilung mit Hinrichtung des Bösewichts bespielt wird. Aber wenn das zu lange dauert oder nur akribisches Wundversorgungs- oder charakterspezifisches Dramaspiel betrieben wird, verlieren sie schnell die Geduld und haben keinen Spaß mehr daran. Also wichtig: Richtiges Thema finden und ein gutes Gefühl für die Zeitdauer entwickeln. Im Zweifel abbrechen und an anderer Stelle weitermachen.
  • Wertschätzung zeigen: Denkt bitte immer daran, dass die Springer für euch da sind und diese Szene vorbereitet haben. Möglicherweise hatten sie einen langen Weg dorthin, mussten aufbauen, dann warten, wurden niedergemacht, haben euch Helden sein lassen, liegen dann am Boden rum, müssen danach wieder zusammenpacken und wieder zurück zu ihrem nächsten Einsatz. Nutzt also jede Möglichkeit, dafür zu sorgen, dass auch sie Spaß an der Szene haben. Denn das haben sie auf jeden Fall verdient.

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