Geweihtenspiel - Beispielsituationen

1. Musterbeispiel einer Verbrennung mit Grabsegen für Gefallene:

Auf einer Con gab es den Todesfall eines Charakters zu beklagen und es ist natürlich die Aufgabe des Borongeweihten, sich um die Bestattung zu kümmern. Es soll eine Verbrennung stattfinden, für die die Orga eine Strohpuppe zur Verfügung stellt. Also beginnt der Geweihte mit der Organisation von Holz und stellt sicher, dass ein würdig aussehender Scheiterhaufen errichtet wird. Er bindet dabei mehrere Spieler ein, denen er in Borons Namen den Auftrag erteilt.

„Mein Sohn, meine Tochter, wir wollen noch heute Abend, beim Anbrechen von Borons Nacht, den Leichnam des Verstorbenen – Golgari möge seine Seele bewachen – den Flammen übergeben. Dafür bitte ich euch, Holz für einen Scheiterhaufen zu besorgen und jenen an diesem Ort aufzurichten. Ich stehe euch mit Rat und Tat beiseite.“

Der Geweihte lässt den Toten (hier noch den richtigen Spieler) an einem gut erreichbaren Ort würdevoll aufbahren und ermutigt die Spieler, sich von dem Toten zu verabschieden und an ihn letzte Worte zu richten. Solche Szenen können für den Spieler des Gestorbenen sehr ergreifend sein. Der Geweihte moderiert, ermutigt, erzeugt die nötige Stimmung und das Ambiente.

„Sprecht nun eure letzten Worte zu dem Verblichenen, denn Boron schenkt das Vergessen an das, was euch trennte und was euch verband. Was euch einte, wird vergehen und nie wiederkehren.“

Der Geweihte dekoriert mit seiner Novizin den Spielort, an dem die Verbrennung stattfinden wird. Weihrauch taucht den Ort in schweren Duft, Beleuchtung mit Kerzen und Fackeln geben der Szene eine mystische Atmosphäre, Boron-Symbole schmücken den Ort, von dem aus gesprochen werden wird.

Betender BorongeweihterPeraine-Geweihte

Die Gemeinde wird durch das Schlagen eines Gongs gerufen und versammelt sich. Um das Murmeln und die Gespräche zum Verstummen zu bringen, erhebt der Geweihte die Arme, blickt in den nächtlichen Himmel und spricht mit klarer, lauter Stimme:

„Und Boron sprach nur ein Wort und das Wort war der Tod.“

Die Novizin geht zeitgleich das Halbrund der Versammelten mit dem Weihrauchkessel ab. Dann beginnt die eigentliche Bestattung, bei der die in Leichentücher eingewickelte Puppe mit einer schweigenden Prozession auf den Scheiterhaufen gebracht wird. Der Geweihte schlägt das Boronsrad und spricht ein Gebet, das bei Boron zwar still sein könnte, jedoch aus spieltechnischen Gründen natürlich nicht schweigend sein soll.

„Herr Boron, blicke herab auf Dere und sieh‘ uns um deinen Derediener Jolander von Beilunk versammelt, den du heute zu dir holtest. Es ist an mir, seine Seele vor Rethon zu geleiten, damit sie gewogen werden mag und – so sie würdig ist – in die göttlichen Paradiese eingehen kann.“

Er wendet sich an die Gefährten des Gefallenen, die er natürlich zuvor davon unterrichtet hat, dass von ihnen folgendes erwartet wird: 

  • Worte zur Person des Toten
  • Worte zum Todeshergang
  • Eine Einschätzung, in welches Paradies sich der Tote wünschte

„Aus dem Munde seiner Freunde soll erschallen, wer Jolander im Leben war und wie er den Tod an diesem Ort fand. <Pause und Geste, die das Wort übergibt> Tritt vor, mein Sohn, und berichte uns über den, der einst war und nun nicht mehr ist.“

  • Der Gefährte erzählt eine Geschichte über den Verstorbenen.
  • Ein zweiter Gefährte erzählt, wie Jolander den tragischen Heldentod fand.
  • Ein letzter Sprecher erläutert, nach welchem der Paradiese sich Jolander zu Lebzeiten sehnte, welchem der zwölf Götter er besonders nahe stand.

Golgarit mit PferdHüter der Praioskirche

Der Geweihte nickt langsam, tritt wieder nach vorne und schweigt weitere dreißig Sekunden, bevor er die Arme betend ausbreitet: 

„Herr Boron, Gott des Todes, ich möchte dir Jolander von Beilunk anempfehlen, dir, dessen Wirken beendend ist. Lass deine göttliche Gerechtigkeit den Urteilsspruch finden. Jolander schied im ehrenhaften Kampf gegen einen unerbittlichen Feind aus dieser Welt.“

Er umrundet den Toten und schüttet Lampenöl über das Holz und die Puppe, während er weiterspricht: 

„Und wie seine Freunde berichteten, wissen wir, in welches der Paradiese er sich zu Lebzeiten sehnte. Sein Herz schlug immer für die stürmische Herrin Rondra und seine Seele wird sicher in ihre Hallen Einlass ersuchen.“

Er endet am Kopfende des Toten, erhebt den Blick zum Nachthimmel und spricht mit erhobenen Händen:

„Herr Boron, schicke Golgari aus, um die rastlose Seele von Jolander zu einzufangen und sie sicher über das Nirgendmeer zu geleiten, vor Rethon, die Allwissende. Möge die Seele dort finden, wofür sie bestimmt ist.“

GolgaritBorondienst

Die Novizin verteilt Fackeln an sechs Teilnehmer und lässt diese dann reihum entzünden. Sie murmelt dabei die Worte:

„Empfangt die Flamme des Vergessens, die den sterblichen Leib tilgen wird.“

Der Geweihte nimmt eine Fackel und zusammen mit den anderen Fackelträgern wird der Scheiterhaufen entzündet. Während die Flammen hochschlagen, spricht er zur Gemeinde:

„Nun lasst hinter euch, was euch mit Jolander verband. Vergesst, was euch im Leben entzweite. Lasst Jolander von Beilunk los, denn seine Tage auf Dere sind vorbei. Vergessen wird sein der Schmerz des Verlustes, getilgt die Erinnerung, eingekehrt die Seele. So sei es!“

Die Gemeinde wiederholt:

„So sei es!“

Der Geweihte beendet die Verbrennung, indem er nach wenigen Augenblicken den Ort verlässt. Er bleibt nicht so lange, dass der Stoffteil der Puppe sich auflöst und man das Stroh im Innern sehen kann und gibt mit seinem Gehen auch anderen Spielern die Möglichkeit zu gehen oder in der Szene zu bleiben. 

BoronschreinGeweihter Draconiter

2. Vergleichsbeispiel einer Standardbestattung:

Leider sehen Bestattungen öfter so aus, wie im Folgenden gezeigt und selten wie im Vorzeigebeispiel beschrieben.

Ein Spieler liegt am Boden, irgendwo im Gras. Ein paar Leute stehen außen herum. Der Geweihte geht zu dem Toten und spricht die Worte, die der Grabsegen regeltechnisch erfordert:

„Herr des Todes, einen Menschen will ich dir anempfehlen, dir, dessen Wirken beendend ist. Er schied aus dieser Welt, und wir, die wir zurückgeblieben sind, vermögen nicht zu sagen, nach welchem der zwölfgöttlichen Paradiese sich seine Seele sehnt. Schicke deinen Raben aus, um die rastlose Seele zu fangen. Möge Golgari sie führen vor Rethon, die Allwissende. Möge diese Seele nach deinem Urteil finden, was für sie bestimmt ist. So sei es.“

Dann wendet sich der Geweihte mit folgenden Worten von der Szenerie ab, denn keine Grube wurde ausgehoben:

„Wir werden ihn später in sein Grab legen“

Travia-GeweihteRahja-Geweihte

3. Der Vergleich: Was macht also eine gute Bestattungsszene aus?

  • Gute Vorbereitung auf die Szene
  • Maximierung von Spielmöglichkeiten
  • Partizipation von anderen Mitspielern! Keine One-man-show! Der Geweihte schafft aventurisches Ambiente und passende Stimmung.
  • Zuschneiden der im Hintergrund vorgegebenen Worte auf die Situation und eine somit stattfindende Personalisierung der Szene.

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